Zuviel Unendlichkeit
Verwirrung einer Maschine
Biologie ungenügend
Es war alles ganz anders
Special effects
Kooperation
Im Keller
Leserbrief zur Parallelwelt
DER TANZ

- Eine Vorlesegeschichte zum Fertigschreiben


Die Volkspanzerweste

Zuviel Unendlichkeit

Mist verdammter! Seit ich da drüben raus bin, juckt's am ganzen Körper. Obwohl - ist eher ein Prickeln. Jucken kenn ich von meiner Allergie. Nee, prickeln, das trifft's. Und meine Klamotten - wie eingelaufen. Zerr ich aber dran rum - keine Probleme. Selbst wenn ich das Zeug 'ne Handbreit vom Bauch wegzieh - immer noch eng. Aber was kann da noch eng sein?
 
Muß mir in dem verkeimten Bau irgendwas eingefangen haben. Sieht sowieso schon ulkig aus, das Teil. Wie die Zeichnung Das-ist-das-Haus-vom-Ni-ko-laus. Genauso. Bloß mit zwei Fenstern. Und 'ner Tür, klar . Wo ich grad raus bin.
Vorhin, wo ich rein bin, war mir der Schmuddel egal. Weil, die Denkmal­schützer schützen außer sich selbst ja auch alles, was Moos auf sich duldet. Okay hab ich gedacht. Also bin ich gleich bis hinter, wo 'ne Tür auf war. Ulkiger Flur. War mindestens doppelt so lang wie das Haus von außen. Egal.
 
Hinter der Tür war'n Zimmer. Klar doch. Irre Bude. Meine Mama hätte... aber die Weiber kriegen ja nicht so leicht 'n Schlaganfall. Aber gekreischt hättse. Und nicht zu knapp. Sah aus, wie unser Kneipensaal, wenn die Gruftis Mutantenstadl gespielt haben. Oben 'ne Menge modrige Gardinen­fetzen mit getrockneten Viechern dran. So Frösche eben und Fledermäuse und Schlangen. Paar Pilze noch und Grünzeug. Na ja, eher Braunzeug jetzt. Auf'm Fußboden Stroh. Und trockene Knochen. Mitten drin ein Tisch und zwei Stühle. So richtig aus Holz. Was auf dem hinteren saß, sah auch aus wie Holz. Vorne der war frei.
 
Vielleicht wenn ich mich da nicht hingesetzt hätte. Dann brauchte ich mich nicht kratzen hier draußen. Oh, mann, heiße Tips von Kumpels. Super, jetzt prickelts. Für 150 Piepen. Die würd' ich jetzt noch mal hinblättern für'n Entprickler oder sowas. Was mußte ich auch auf die Typen hören : "Nee, nee, die Alte is fähig. Die hat's drauf, eh! Frach Kalle! For fuffzich mal rascheln hatse dem die Pickel wegjepustet. Kiek'n dir an, siehta nich aus wie der Gott Akropolis?"
Nee, ich glaub nicht an Zauberei und so'n Zeug. Aber daß manche Sachen funktionieren, wo verdammich keiner weiß, wie, da kannste nicht vorbei. Auch nicht die Eierköppe. Bin ich eben hin zu der Alten. Fand's sogar toll, daß in meinem Kaff sowas haust.
 
Da saß also das verwitterte Model. Ja, na klar sah sie aus wie 'ne Hexe. War okay so, das Outfit. Gibt's nichts weiter zu beschreiben. Außer vielleicht, daß sie exakt und genau keinen Kater auf der Schulter hatte. Auch keine Eule oder sonstwas. Aber verdammt knochige Finger hatte sie. Schätze die war'n hundert Jahre älter als der übrige Body. Damit hat sie auf den Stuhl gezeigt. Also vorne den. Muß ein Magnet drin gewesen sein, ich bin auch gleich draufgeplumst. Ich Blödmann. Dann hat sie 'ne Schachtel aufgemacht. So mit 'ner Mini-Fernbedienung. Denk ich mal. Angefaßt hat sie das Ding jedenfalls nicht. Toller Trick. Da hat sie dann, klar, mußte ja kommen, 'ne Glaskugel rausgeholt. Und 'nen glühenden Steinkopf. Ziemliche Infrarotstrahlung. Ohne Standfuß und hat trotzdem überm Tisch geschwebt. Na ja, ist aber nicht so wichtig. Magnete eben oder sowas. Der andere Krempel war viel interessanter. So Spielkarten, wo man eine durch die andere stecken konnte. Da haben die leise geschrien wie manchmal nachts die junge Frau aus der Nachbarwohnung. Mein Papa sagt dann immer "Oha, schon wieder eine Nachtlieferung Schuhe".
 
Tja, den Steinkopf hat's bestimmt nicht gekribbelt. Aber mich jetzt, hier draußen. Wenn das so weitergeht, muß ich zum Hautarzt. Aber wenn einen da die Kumpels sehn! "Hey, haste schon gehört, unseren Professer hat's erwischt. Am Pimmel. Würde der sonst dahin..."
Bla bla. Versuch mal, hinterher so'n Gerücht wegzuputzen.
 
Jetzt brauch mich auch nicht gerade einer sehn, wie ich da rübergucke auf das Haus von der Alten. Tuten mir sonst bloß die Ohren voll: "Hat's geklappt? Und haste schon probiert?" Hab ich natürlich nicht. Bin ja grad erst raus. Hat ganz schön gedauert, der ganze Zirkus. Aber so Leute, alt wie Steinkohle, die haben's nicht so mit Speed.
Klar daß ihre erste Frage war, ob ich genug Knete dabei habe. Ok, hab ich. Nee hatte ich. Jetzt nicht mehr. Scheiße, mit der Doppel-Nightwish ist es erstmal nichts. Blöd, daß die Alte gesehen hat, daß ich schwer genug war. Muß mir was Anderes zulegen für meine Knete. Nicht so zum Reingucken.
Dann hat sie geschnarzt, was ich von ihr will, wo ich doch jung und gesund bin. Starker Spruch eh. Der Ton kam auch gut rüber. Ist ja 'ne Hexe, völlig ok so. Hab ihr dann klar gemacht, wo's kokelt. Die hat ja hundertpro keinen Draht zu meinen Alten. Da kann man ja ruhig mal was gucken lassen. Daß ich's mit Büchern habe. Und mit aus­probieren von Sachen, die die Leute dann eher nicht so lustig finden. Aber die Kumpels. Die finden's voll krass und staunen, daß man aus Wörtern was basteln kann. Die Alte hat da 'nen richtigen Blick gekriegt, als ich das erzählt habe. Nicht so wie aus der Gruft. Na, vielleicht hat sie auch mal gebastelt, wo sie noch gelebt hat.
 
Hauptproblem: Die Weiber finden das nicht so toll. Die läßt das eher kalt. Ich bin eben nicht Kalle, der sogar wo er noch Pickel hatte, jede Käte zum Brett machen konnte. Einfach so durch anknurren. Jetzt ohne Pickel erst recht. Oder der schöne Berti. Der würde meinen Taschen­tresor als Lederlappen zum Motorrad­putzen nehmen. Ohne vorher reinzusehn, ob was drin ist. Hat er nicht nötig. Kann sich Nieren­wärmer kaufen, wenn er sie braucht, jeden Tag 'ne andere Haarfarbe.
 
Klar, ich darf auch mal naschen, auf Parties und so. Bin ja nicht unbeliebt. Aber eben der Professor. So seh ich auch aus. Nüscht für die Weiber.
Die ganze Zeit, wo ich ihr das erklärt habe, hat sie vor sich hin­gebrabbelt, die Alte. Dabei hat sie durch ihre Kugel auf den Steinkopf geguckt. Und der zurück, sah jedenfalls irgendwie so aus. Ist auch auf dem Tisch rumgewandert, das Ding. Ein schöner Quatsch!
Eine Viertel­stunde hab ich bloß dagesessen. Öde. Aber die Kemenate ist größer geworden. Nee, zu sehn war nichts wegen dem Lappen­gelumps, was überall rumhing. Bloß, daß ihr Geleier plötzlich mit Echo war. Und ein Echo gibts erst ab 34 Meter. Mit mir keine Tricks!
 
Dann hat sie mich angebläkt: "So, das Weibliche hat es dem jungen Herrn angetan! Mädchen verführen die Hülle und Fülle! Ach, ach, ach, ich kenn Euch alle! Na schön, nur zu! Du sollst haben, was Du haben willst! Her mit dem Geld, was Besseres hast Du ja sowieso nicht!" Möchte bloß wissen, was die Besseres kennt. Irgendso'n Spruch hab ich auch abge­lassen, und daß ich hoffentlich auch was geboten kriege dafür. Und ob sie mit den paar Werk­zeugen auf'm Tisch was runter­geladen kriegt ohne Break, hab ich dann noch nachgeschoben. Und ob sie die Weiber kennt, also was die heutzutage so haben wollen, ehe sie einen an sich ranlassen. Und ob das auch klargeht, daß ich von den Kerlen keine gescheuert kriegen kann, wenn ich ihnen die Mädels jetzt abstaube. Aber da ist sie dann ausgerastet. Irgendwas hatte sie mächtig in Brast gebracht, vielleicht kann sie keine Computer ab. Oder keine Zweifel, ob sie fähig ist.
Ihre Buchte ist dann noch größer geworden. Wärmer auch. Bestimmt der blöde Kopf. Und ihre Stimme klang wie Mickymaus, aber verdammt nicht so lustig. Nee, verdammt nicht.
"Wird's bald? Her damit! Alles! Und dann wirst Du schon sehen, was die Alte kann!"
 
Und ich schütte meine ganze Knete hin, ich Knallkopp. Jetzt kann ich zusehn, wie ich bis zum nächsten Papaquetschen hinkomme. Was gegen das Kribbeln kann ich mir auch nicht leisten. Werd nachher in der Haus­apotheke stöbern, aber ich weiß schon jetzt, daß ich mir 'nen brauch­baren Fund abschmatzen kann. Mensch, was ist das bloß! Vielleicht sollte ich mir von den letzten Coins ein paar Eistüten holen und mir auf die Pelle schmieren. Aber so richtig ran komm ich an die gar nicht. Ist da schon was drauf? Sieht aus wie ein Millimeter Abstand oder zwei. Läßt meine Finger nicht so richtig ran an den Body. Aber zu sehn ist nichts. Mensch, ein Glück auch, daß das nicht grün ist.
Das Geschrei dann! "Ein Marsmensch, ein Marsmensch!" Und die Terraner würden von Tomaten bis Granaten alles an mir ausprobieren. Denk ich mal. Nach soviel zusammen­geklitterten SF-Filmen wissen die ja, was zu tun ist.
 
Moment mal! Die Alte hat doch was gezwitschert, als der Tisch brannte! Klar, erstmal 'ne Menge Zeug mit 'ner Menge A's und R's drin. Hörte sich ulkig an, wo doch ihre Stimme immer piepsiger wurde. Na ja, nee, ulkig nicht. Nicht wirklich ulkig. Und der Steinkopf hat sich geärgert. Hab ich genau gemerkt. Irgendwie.
Aber dann:
"Ha ha, nimm sie Dir nur, die Mädchen. Jetzt kannst Du sie alle haben. Es kann sie Dir keiner streitig machen. Sollen sie's doch versuchen. Sie werden sich die Finger brechen! Das wolltest Du doch? Mädchen? Ja? Jetzt kannst Du! Nur zu! Was wirst Du nun mit ihnen anfangen?"
 
Gute Frage. Diese komische Schicht auf mir, soll die mich vielleicht schützen? Na schön, aber komm ich jetzt überhaupt ran an an die Weiber und die an mich? Na ja, werd ich erstmal lostrampeln, ehe mich wer sieht hier. Und auspro­bieren. Aber dein Haus soll dir überm Kopf zusammen­fallen, alte Krähe, wenn du mir was angehext hast, was ich gar nicht wollte.
 
Äh...was geht denn nu los? Die ihr Haus...
 
Fällt zusammen, das Ding...
 
Neeee...
 
Mensch, die ist doch noch da drin! Klar, wo sonst! Aber...
 
So hab ich das doch nicht gemeint! Och neeee...
 
War ich das? Quatsch, geht ja nicht, ich bin ja hier. Also nicht da drüben. Ufff...
Komisch, wie zusammen­fallen ist das gar nicht. Das Ding verdunstet! Und alles zieht's irgendwo nach innen. Ein Glück auch. Wenn sich der Mief ausbreiten würde, oh, mann! Priezelt langsam runter bis zum Funda­ment. Termiten? Aber von oben? Nee, kann nicht sein. Gäbe auch nicht diesen komischen Dunst. Und die fressen auch nicht so gleichmäßig runter.
Hey, da ist sie ja, die Alte. Also ihr Kopf erstmal. Sitzt in ihren verwinkelten Wänden wie einem vergammelten Labyrinth. Na bloß gut, daß sie alles heil...
Jetzt hat sie mich gesehen! Winkt irgendwie. Oder? Was...
 
Aaaahh...
 
Is die blöde? Die hat was auf mich geworfen! Nee, gestrahlt. Nee, gespritzt. Ach, scheißegal.
Aber ich bin in Ordnung! Ist zurückgeprallt. Oder gespiegelt. An mir. Cool.
Beine? Sind da. Arme? Da. Kopf? Quatsch, ist ja klar. Hat sie Pech gehabt, die Zicke. Wo ist sie...
 
Die ist weg! Da, wo sie eben war, ist ein Loch in der Erde. Ja klar. In der Erde. Das Haus ist jetzt nämlich weg. Bis auf den Steinkopf. Der ist da, wo ungefähr der Tisch war. Aber drüber! Also in der Luft irgendwie. Tolles Ding. Und wütend. Noch mehr, als vorhin. Wieso wütend? Woher weiß ich das?
 
Oh, mann, da drüben, da geht's weiter! Rechts und links die Häuser, nee, die Wände! Wie Wasser! Fließen einfach runter. Is ja'n Ding! Wasserfall. Ja, so siehts aus. Und dann sprühen sie hoch über das Loch und rein. Sieht super aus! Jetzt kann man in die Häuser reingucken. Ulkig!
Ganz schön Pech gehabt, die Leute. Der Teufel auf den Trümmern kichert - hoffentlich allianz­versichert. Wer da wohnt, wo sich mächtige Leute in die Haare kriegen, kann schon mal in die Kacke treten. Sollte rechtzeitig wegziehen, solange die sich noch abknutschen. Aber wie komm ich auf Teufel? Na ja, der Steinkopf sah irgendwie so aus. Ist jetzt größer geworden.
Größer? Tatsächlich! Und kugelrund! Aber das war doch ein Steinkopf! Nee, kann wohl doch kein Stein gewesen sein. Jetzt dreht sich das Ding. Bloß weg hier! Mist, wo ist die Straße?
Äh... die Straße! Ist weg! Und das dreht sich immer noch! Ich muß...
 

Es sah alles sehr ordentlich aus. Nach Vollendung der ersten Umdrehung war die Materie in einem Kreis von achtzehn Metern in einen grauen Nebel verwandelt, der zum Kompressions­punkt floß. Bei der nächsten Umdrehung war dann besser zu erkennen, daß sich der Kreis kontinuierlich ausweitete. Auch in die Tiefe. Die Präzision ließ darauf schließen, daß der durch Über­reaktion ausgelöste Prozeß stabil und unum­kehrbar war. Die besondere Ästhetik des Vorgangs wurde nun auch nicht mehr durch die Geräusche der mitge­rissenen Luft gestört. Die Schallge­schwindig­keit war überschritten. Für die Bewohner des Planeten war dies jedoch von geringer Bedeutung. Ebensowenig, wie die Frage nach der Bewohn­barkeit weiterer Planeten im Universum.

Verwirrung einer Maschine

Futown, den 42.10.2092

Sehr geehrtes Fräulein Charlotte,
durch bedauerlich redundanzübergreifende Interpretationsfehler des diensthabenden Historikrechners H·R3D3 ist uns bei der Beschaffung von Zeitdokumenten des Jahres 1904 der nachstehende an Sie gerichtete "Brief" eines gewissen C. in unseren Temporaltransmitter geraten. Dieses wurde erst bemerkt, als der o.g. erstaunlich wenig sachliche Fakten enthaltende "Brief" mit großem Aufwand an Zusatzvernetzung und Rechnerzeit bereits in eine maschinenlesbare Sprache umgewandelt war. Deshalb hat es etwas länger gedauert, den o.g. "Brief" in der Urform zu rekonstruieren.
Wenig hilfreich war dabei die außergewöhnlich merkwürdige Ausdrucksweise des o.g. Verfassers C. In der Annahme, daß Sie eine umfangreiche Spezialausbildung zur Dechiffrierung von derartigen Kuriosa vermittelt bekamen, ist versucht worden, den Originalzustand weitestgehend wiederherzustellen. Sie müssen allerdings akzeptieren, daß die Möglichkeit, Ihnen die exakt sachbezogene Maschinensprache zukommen zu lassen, hiermit nicht mehr besteht.
Wir erlauben uns, Ihnen nachstehend den rekonstruierten "Brief" zuzueignen. Dieses geschieht mittels Transfer in den Postweg Ihrer Zeitebene, so daß ein Erhalt Ihrerseits weitestgehend abgesichert ist.
Es dankt für Ihr Verständnis
HIMPFKNISTR457
Reklamationsabteilungshilfsrechner
Start Transfer --------------
 
Temporäres Zeitdokument "Brief C.- Erstellungsjahr 1904" / Kostenträger H·R3D3
 
___ checksum 6A4 - status: accurate ________________________
Anmerkung 1 : Wir weisen darauf hin, daß ursprünglich trotz der korrekten Zwischenkontrollsumme zu Bedenken Anlaß bestand, einige Abschnitte freizuschalten. Nachdem vergeblich versucht wurde, die im Folgenden beschriebenen, wissenschaftlich nicht gesicherten Ortsveränderungs- und Farbaktivitäten pflanzlicher Spezies mit auf anderen Planeten bekannt gewordenen Erscheinungen in Annäherung zu bringen, haben wir uns letzthin jedoch entschlossen, Ihnen weitere Überprüfungen anheim zu stellen.
 
Anmerkung 2 : Willentliche Aktivitäten pflanzlicher Spezies in Hinsicht epidermaler Effekte bisher nur auf Planet Wega 15 beobachtet. Kein terranischer Import bekannt.
 
---------- Anfang Originaltext ----------
 
Ach, Du wunderbare Frau !
 
Wie ein Blitz in den Baum bist Du in mich gefahren. Hast mir die Rinde aufgerissen, wie es ein Blitz zu tun pflegt mitunter, bis in die Wurzeln. Und ist dennoch nicht zu schelten, ein Blitz, derhalben. Vollbringt auch anderweitig Mannigfaltiges, was Wenigen bekannt und Vielen nützlich.
 
Ist letztlich mein Tun gewesen, mich hervorzuwagen aus der Ballung der Bäume, ahnend tief drinnen, daß ein Baum nicht gehen soll vom Ort, wohin er gesetzt, zu einem Ort, wo Blitze sind.
Ist aber da die Sehnsucht...
 
Ahnte also auch, da müsse mehr sein denn eine Häufung von grauem Grün, Sicherheit gebend, so man die gleiche Farbe annimmt und pflichtgemäß Glück dabei zeigt, wie auch immer. Und ahnte letztlich gleichermaßen, daß es nicht recht, zu binden ein Wesen wie Dich, wenn auch nur lose und nicht lange Zeit.
 
Bin aber nun getroffen, stehe da, beschädigt und dennoch beschenkt, noch bebend ob der Erschütterung, schon spürend Verlust, der ertragen sein muß.
Ungenügend ist aber weiterhin der Vergleich mit dem Blitz, denn unvergleichlich bist Du.
 
Und ist derhalben das Glück unseres Zusammenseins in mir und wird bleiben; und ist Sehnsucht in mir und wird bleiben und ist wohl nicht anders möglich so. Muß nun halt sehen, wie ich meine Rinde wieder schließe, ohne daß Unliebsames eindringt bei der Zeit, und mit geziemend ansehnlichem Ergebnis.
Haben andere Bäume auch tun müssen und getan, so sie ähnliches wagten, wie man oft schon vernehmen konnte, und meist ohne Klagen, so daß mir wohl anstehen sollte, ebenso zu tun.
 
Dankbar wollen wir sein den Göttern, die uns erkennen ließen im Einklang der Seelen, was zu tun bleibt für uns, daß nicht Glück sich wandelt in Schaden.
So laß uns tun denn das Eine und im Nämlichen, zu sehen, ob da nicht Pflichten wären am Ort unserer Herkunft. Pflichten, die wir, wenn auch nicht versäumt, so doch geringer achteten denn unser Glück. Die uns, und neu zu Findende dazu, vergessen helfen könnten. Ist aber ungewiß, das Letztgenannte.
 
Laß mich ein letztes Mal sagen die Worte, die ich oft gesagt, und ebenso Du: Ich liebe Dich!
Laß uns nun begegnen hin und wieder, aber nicht so oft, ein wenig kühler, aber nicht kalt.
 
Laß uns gut sein einander weiterhin.
 
Dein Cornelius

 

Biologie ungenügend
 


Daran erinnere ich mich ganz deutlich: Biologie war in der Schule nicht meine Stärke. Ich weiß noch, daß es da tolle Bilder gab in den Büchern. Da hätte Interesse an Bio entstehen können. Aber verlangt wurde nicht Bewundern, sondern Wissen um Diaphragmen, Zellkerne, Arten und Klassen in quälender Präzision. Spaß am Lernen hat das nicht gebracht.
 
So bin ich halt jetzt nicht in der Lage, zu bestimmen, was da gerade für ein Wurm sich an meinen Rippen zu schaffen macht. Wohlgemerkt, ohne Furcht vor den Ameisen zu haben wie andere. Na vielleicht erkenne ich da im Lauf der Zeit Zusammen­hänge. Könnte ganz interessant sein. Die Ameisen dagegen scheinen doch nicht so viel Stoff zum Nachdenken herzugeben, wie immer behauptet wird. Freilich bin ich ihnen irgendwie dankbar. Immerhin haben sie sehr sauber gearbeitet. Das ja. Doch eben ohne überraschende Erkenntnisse.
 
Bei den Regen­würmern, diesen lustigen Burschen, gibts dagegen immer wieder mal was Neues. Wie würden die Experten staunen, daß die miteinander reden können! Ja natürlich nicht labern, wie unsereins damals. Aber wenn zwei sich näher als einen halben Meter kommen und sich etwa parallel zueinander ausrichten, bildet sich da sowas wie eine Antennen­wirkung aus. Und los gehts. Auch unter der Erde! Hat mit Funk natürlich nichts zu tun, logisch. Verstehen kann ich da nichts, ist ja klar, aber in meiner Aura empfange ich die Schwingungen.
 
In Chemie hatten wir übrigens damals einen Lehrer, der war nun das ganze Gegenteil vom Biopauker. Der hat uns zeigen können, wo es Zusammenhänge gab, an denen man sich von einem Punkt zum Anderen hangeln konnte, ohne abzustürzen. Da hat man auch Freude empfinden können, wie Details zusammen­passen und ein Gesamtbild ergeben. Und man hat Schönheit erkannt, wo andere Leute entsetzt die Luft zerwedelten. Deshalb bin ich ja dann Lehrling in der Chemie geworden.
 
Das war dann schon sehr hilfreich bei meinen Experimenten. Und Physik mochte ich ja auch schon immer. Freilich mehr die elektrische Seite als die mechanische. Die war natürlich brauchbarer in Kombination mit der Chemie. Dadurch konnte ich in den alten Büchern doch Etliches heraus-lesen und mit Sinn erfüllen. Ich staune heute noch, daß solche irren Schinken in unserer Werks­bibliothek damals herumstanden. Durch welche ulkigen Zufälle mögen die wohl dahin gekommen sein. Jedenfalls sind sie nicht in irgend­welchen staubigen Museumsecken gelandet. Gut für mich. Ein sauber gefeilter Nachschlüssel und schwupp.
 
An solches Zeug wie Vorbestimmung oder Schicksal glaube ich ja nicht. Da waren halt die Bücher, da war ich, lesen konnt ich, kombinieren auch. Klar, fix und fertig stand da das Rezept für die Auratrennung nicht, da hab ich 'ne Menge Buchstaben fressen müssen, um das zu erkennen. Zauber­bücher gibts nur im Märchen. Wie schön, daß ich in der Lehre dann das Praktische lernen konnte, das man halt braucht, um was zusammen-zurühren und mit welchen Geräten und Werkzeugen. Schon irgendwie lustig.
 
Wenn ich so zurückdenke, muß ich doch zugeben, daß es mich echt überrascht hatte, daß mit reiner Chemie und etwas Strom die Sache klappen soll. Aber schon beim ersten Versuch - das hätt ich nicht gedacht! Ich wollte ja erstmal nur so ein ein paar Stunden rumgeistern, während der Rest von mir schläft. Aber nix - "Pardautz, da fiel die Lampe um", wie der olle Wilhelm Busch sagte. Nur daß ich die Lampe war.
 
Na schön, nun hocke ich halt hier. Nee, hocken ist Quatsch. Ist einfach so, daß man tagsüber aus purer Gewohnheit dahin schwirrt, wo die Knochen liegen. Oder aus Faulheit, sich umzugewöhnen. Erstaunlich, was man noch so mitschleift an alten Gewohn­heiten. Geht den anderen hier genauso. Gibt oft ziemliches Gelächter, wenn wir von "alten Zeiten" reden. Was einem aber auch alles wichtig war zu Lebzeiten und was man sich als wichtig einreden ließ, nee aber auch! Und von was für Typen!
 
Ist leider nie allzulange Zeit, zu quatschen. Die Nacht ist kurz und wir haben zu tun. Aber es soll wohl bald geschafft sein. Dann ist der Große Kristall fertig, mit dem wir die Sonne ausschalten können. Da brauch man sich tags nicht mehr verkriechen. Na, mal sehn. Auf ein Jahrhundert mehr oder weniger kommts nicht an. Wichtig ist nur, daß wir dann die Anderen mit einem Schlag zu uns holen können. Die denken ja jetzt noch, sie wären lebendig. Ha - daß ich nicht kichere! Die werden sich wundern...

Es war alles ganz anders

"Bist Du verrückt, Du Kümmerling, wir sollen unsere kostbaren Wärmesteine denen auch noch direkt in die Greifarme rollen..."
"Stop, Regratr, mäßigen Sie Sich! Und erläutern Sie noch genauer, Ngotr, was Sie Ihrem Nexohirn auszubrüten gestattet haben."
 
Das war es, was Zerdrohungs­koordinator Ubantr dazu verholfen hatte, länger als andere vor ihm dieses Amt innezuhaben: Die Fähigkeit, durch ein Wortwerkzeug wie -noch genauer- den beiden Streitenden ihre (schnellstens zu korrigierende) Unzuläng­lichkeit zu zeigen. Regratr wußte nun trotz seines relativ hohen Ranges, daß er Brüllen erst auf Anweisung durfte. Und als Schutz vor Entlarvung mangelhafter Arbeit des Ersthirns schon gar nicht. Ngotr, der als ein typischer Laborbewohner freilich nicht die stattliche Länge von 15 Schritten wie Regratr erreichte, war auf die Erde derer, die ihn beköstigten, zurückgeholt. Er gestattete seinem Zweithirn mit dem vorletzten Stachelpaar ein -Siehst Du wohl- zu vibrieren und begann nochmals:
 
"Wie ich schon sagte, ist mein Nexohirn in letzter Zeit durch die ständigen Angriffe der Brourhorde unzureichend zum Gedanken­brüten gekommen. Sehr häufig mußte ich es unterbrechen und mit lästigen praktischen Problemen der Zerdrohungs­durchführung behelligen. Da aber nun seit achtzig Kleinmond-Umläufen Begattungszeit ist, hat natürlich jetzt die übliche Zerdrohruhe eingesetzt. Gestern hat deshalb mein Nexohirn endlich wieder zwei hinreichend sorgfältig ausgebrütete Gedanken im Ersthirn angemeldet.
Der erste besagt, daß die vor fünfzig­tausend Großmonden eingeführte Praxis des Kurzschließens von Erst- und Zweithirn bei den Pflanzen­verdauenden zwecks Zerdrohungs­verschärfung zu verlustreich für uns selbst wird..."
 
Durch ein knapp gebelltes "Warum?" wurde Ngotr unterbrochen und gleichzeitig daran erinnert, daß -noch genauer- wohl doch nicht das Gleiche wie -noch weitläufiger- ist.
 
"Nun ja, erste Analysen zeigen, daß tatsächlich die merkwürdigen Nordland­gewächse immer schwerer zu beschaffen sind. Die Verluste in den Reihen unserer Beschaffer steigen an, zum Beispiel durch den länger notwendigen Aufenthalt in Gegenden..."
 
"Klar, weiter!". Der Tonfall Ubantrs ließ wiederum Wohlklang vermissen.
 
"Die Gewächse, besser gesagt ihr Duft schaltet wie bekannt die Pflanzen­rupfer von Fressen und Zertrampeln auf Nur Zertrampeln. Bei richtiger Anwendung ist dabei die Richtung auf den Feind gesichert. Jetzt, nach circa fünfzig­tausend Großmonden entwickeln die Grünzeug­fresser eine Art Unver­schämtheit, indem sie schon nach unzureichender Strecke einfach stehen bleiben und nochmals Duft verlangen. Da man sichergehen muß, daß die zweite Trampelstrecke dann weit genug ist, hat man kräftig nachzulegen. Was leider meist dazu führt, daß die davonrasende Fleisch­versorgung nach getaner Arbeit in Gegenden gerät, wo sie uns entzogen ist und meist sogar dem Feind zugute kommt. Und der Mehreinsatz von Nordgewächs fordert wiederum noch mehr Opfer an Beschaffern. Es wäre interessant, zu erforschen, ob sich da eine Form von Gedanken­brütfähigkeit entwickelt oder ob die Gewächse..."
 
"Das hat Zeit! Regratr!!"
 
Regratr verstand den Unterschied zwischen Modulation und grob durchge­schüttelter Luft.
 
"Jawohl, Ubantr, es wird genauestens untersucht, ob da etwas dran ist". Ein Blick Regratrs in Richtung Ngotr ließ diesen ahnen, was wäre, wenn nicht.
 
"Ngotr, der zweite Gedanke!"
 
"Durch den ständigen Umgang mit zerdrohungs­bezogenen Problemen hatte mein Nexohirn offensichtlich auch viele geografische Daten gespeichert, die zum erwähnten zweiten Gedanken führten. Da die Gedanken­übergabe von Nexo- zu Ersthirn im Wesentlichen bildhaft vonstatten geht, hatte ich anfangs allerdings Ausdeutungs­probleme. Zeigte sich doch das, was wir mit den Pflanzenrupfern durchführen, nämlich das Hineinbewegen von großen Massen in das Basislager des Feindes, in einem lächerlich verkleinertem Maßstab. Statt Fleischbergen von 40 Schritten Länge wurden, nun ja, Dingerchen von ca. einem halben Schritt bewegt. Erst durch Interpretation des angedeuteten Scheines um jedes Ding..."
 
Ein zufälliger Blick in das Gesicht von Ubantr bewahrte Ngotr davor, mittels eines homogenen Gemisches aus Gebrüll und Steinen zu sachlich kurzer Sprechweise ermahnt zu werden.
 
"...äh, also es geht darum, eine immerhin sehr große Menge unseres Vorrats an Wärme­steinen an passender Stelle über dem Lager des Feindes so genau abzulegen, daß ein Stoß zur geeigneten Zeit sie in dessen Richtung ins Rollen bringt. Wichtig ist dabei, daß sie alle an einer bestimmten Stelle zusammen ankommen. Nämlich dort, wo von den unfähigen Wissen­schaftlern dieser Horde bisher unbemerkt, im Felsigen eine natürliche Vorratsstätte von Wärmesteinen existiert, größer als die unsere. Zufällig in einer Anordnung, die sicher ist und eine sehr geringe, aber konstante Wärmemenge erzeugt, was den Tölpeln offenbar genügt. Die Qualität der Steine ist besser als die der unseren, wie unter Gefahren beschaffte Exemplare zeigen. Zum Beispiel enthalten sie im pech-schwarzen Material vielmehr glänzende äderchen. Diese könnten für die bei unseren Testreihen sichtbar gewordene wesentlich höhere Effektivität verantwortlich sein, was es wünschenswert erscheinen ließe, daß wir erst noch einige Untersuchungen..."
 
Eine wirklich nur der Bequem­lichkeit dienende Muskelbewegung Ubantrs wurde von Ngotr falsch ausgelegt, was zu einer für die Zukunft der Region ziemlich unvorteil­haften Straffung des Vortrags führte.
 
"Also kurzum, die schlagartig einsetzende Zerdrohung des Feindes durch übermäßige plötzliche Wärmezufuhr sollte die Probleme mit der Brourhorde auf ein erträgliches Maß herabmildern. Ein oder zwei Punkte müssen durch unsere Logistik­abteilung noch gelöst werden. Zum Beispiel müssen weitere Freiwillige für die Transport­arbeiten gewonnen werden. Sie müssen die gleichen Kenntnisse über den Umgang mit den Wärme­steinen haben wie unsere Steinheizer. Insbesondere darüber, wie weit die einzelnen Steine mindestens voneinander entfernt sein müssen, ohne den Nähegeist zu aktivieren. Und daß immer dafür gesorgt sein muß, daß versehentlich zu weit angenäherte Steine beim Schmelzen auseinander­fließen anstatt zusammen. Und anderes Nützliches über die bremsende Noterde. Unsere Art verträgt ja eine ganze Menge an Aus­dünstungen des Nähegeistes, aber bei Sorglosigkeit müßten auch den Freiwilligen das Zeugen von Nachwuchs verboten werden. Und schon garnicht wollen wir ein plötzliches Verschwinden wie das der Ndrgathorde, was zwar aus der Entfernung sehr hübsch aussah, aber leider auch zu Konfusion und Dezimierung der Fleischberge führte..."
 

...........Etwas später, 6400 km höher


"Wir wollen den Orbit vorerst nicht näher als einen Radius an den Planeten heranlegen, zumal ja dieser winzige Bruder des großen Mondes dicht um ihn herumflattert. Für die Sensoren sollte das reichen."
 
Trotz des nachdenk­lichen Tons, in dem die Worte gesprochen wurden, wußte der Sensoriker, daß die Kommandantin jetzt etwas von ihm hören wollte.
 
"Die von der Optik gezeigte Anordnung von Wasser und Festland stimmen fast vollkommen mit den Ergebnissen der Sensorik überein. Damit gehört dieser Planet zu den eher seltenen Exemplaren im All. Den Allgemein­zustand möchte ich als jung und unverbraucht bezeichnen. Anzeichen von höherentwickeltem Leben im Sinne von aktiver Intelligenz gibt es nicht. Passive Intelligenz wie z.B. auf Illaga 4 wurde ebenfalls keine festgestellt. Ein wenig seltsam im Bereich der Lebewesen ist, daß einige Arten eine erstaunliche, unseren Erkenntnissen widersprechende Größe haben. Trotzdem sie zum Teil sogar zwei räumlich getrennte Separathirne aufweisen, können sie jedoch nicht als Super­intelligenzen bezeichnet werden. Für die Biosensoren müßte die Entfernung zur Oberfläche jedoch später etwas verringert werden, zwecks genauerer Aussagen.
Der Gehalt an Rohstoffen ist nicht übermäßig hoch. Mit einer vernünftigen Bewirt­schaftung könnte er ca. viertausend Jahre ausreichen, wenn der Vorrat nicht zusätzlich mit Materie­erzeugern gestreckt wird, was dann allerdings wieder zu den bekannten Problemen führen würde. Für eine Besiedlung ist der Planet geeignet, rangiert jedoch nicht unter bevorzugt. Einzige Besonderheit: Es gibt auch hier..."
 
Ein greller Blitz auf den Bildschirmen ließ die Besonderheit zur Unwichtigkeit werden. Auf der Oberfläche des Planeten entstand ein baumähnliches Gebilde aus rotgelben und schwarzen Wirbeln. Und aus der Art, wie es wuchs, war zu ersehen, daß es noch lange wachsen würde. Dennoch hatte das Schiffshirn den ausgelösten Alarm schnell wieder abgebrochen. Die Belastung durch einen kurzen Strahlungs­ausbruch lag weit unter dem, was die Neutralisatoren schon oft leisten mußten.
 
"Ich nehme an, Sie müssen jetzt sagen -es gab hier-"
 
Der Sensoriker drehte zustimmend die Fühler um ein Weniges, was jedoch der erwarteten richtigen Schlußfolgerung der Kommandantin galt und nicht dem Fakt. Der bedurfte einer Korrektur.
 
"Nicht ganz. Selten, doch nicht allzu selten fanden wir ja Planeten, auf denen eine fast punktförmige Konzentration von Schwer­metallerzen der Göttlichen Reihe lagerte. Hier jedoch waren..."
 
Ein Blick auf den Schirm zeigte das noch andauernde Wachstum der Wirbel und ließ ihn kurz frösteln. Wußte er doch, welch hoher Anteil von Göttlicher Strafe in den Wirbeln vorhanden war. Er verdrängte das Wort -waren- aus seinen Gedanken und fuhr fort:
 
"...es gleich drei davon, von einem weiteren verwaschenen Fleck abgesehen. Ein mittelgroßer, stabil strahlender Punkt ist immernoch auf der großen unteren Landmasse zu messen. Dann waren da aber noch zwei nahe beieinander liegende Punkte auf der großen Insel in der oberen Wassermasse. Der eine davon geradezu enorm reichhaltig, sehr tief in das Innere reichend, jedoch normal konzentriert und demgemäß mit schwacher, konstanter Strahlung. Wobei selbst diese geringe Menge Göttlicher Strafe ein Lebewesen unserer Art in wenigen Fühler­drehungen zu Tode bringen würde. Der andere Punkt gab uns..."
 
Wieder zögerte er kurz und blickte zum Schirm. Dort hatte sich das Höhen­wachstum des Gebildes in ein Breiten­wachstum mit gleich bedrohlicher Konstanz gewandelt.
 
"...gab uns Rätsel auf. Die Lagerstätte war nicht groß, aber ziemlich gleichmäßig verteilt. Am Rande jedoch war eine winzig kleine, doch sehr stark strahlende Stelle. Merkwürdiger­weise hat sich in der kurzen Zeit unseres Hierseins die Intensität dieser Strahlung zweimal geändert. Auch dieser Punkt ist nun verschwunden. Und was die Optik noch nicht zeigen kann, ebenfalls die ganze Insel. Was das für tektonische Ereignisse zeigt und für den Planeten noch bringen wird, brauche ich hier nicht erläutern."
 
Sehr viel überwindung hatte den Sensoriker dieser Vortrag gekostet. Allein das Sprechen über diese große Menge Göttlichen Todes zehrte an seinen Kräften. Er war daher froh, als die Kommandantin sich Anderen zuwandte.
 
"Was sagt die Erkundung?"
 
"Die Vorbereitung zur Landung war vor dem ...Ereignis... zur Hälfte abgeschlossen. Dennoch würden wir noch soviel Zeit benötigen, daß die Ereignis­halbkugel dann weitestgehend vom strahlenden Staub abgeschattet wäre. Er breitet sich sehr schnell in den oberen Atmosphäre­schichten aus, zumal aus dem tiefen Riß in der Planetenrinde immernoch nachgeliefert wird. In die uns jetzt interessierenden Gegenden könnten wir ohnehin nicht. Unsere Schildfelder würden halten, aber unsere Energie so schnell fressen, daß ein Anfangen nicht lohnt.
Der Aufbau unserer Landerlabors in der noch freien Hälfte würde soviel Zeit benötigen, daß beim Forschungs­beginn der Staub zusammen mit der Göttlichen Strafe auch hier so nahe wäre, daß der Beginn einer soliden Bioforschung sinnlos wäre. Wir raten von einer Landung ab."
 
"Biologie?"
 
"Auch wenn der Erkundung eine Einschätzung unseres Forschungs­potentials nicht zusteht, können wir nicht umhin, sie diesmal zu bestätigen. Basierend auf unseren Erfahrungen ist allerdings schon jetzt abzusehen, daß sich die Lebewesen und Pflanzen des Planeten wie üblich mittels ihrer sicher vorhandenen Anpassungs­mechanismen den planetenweiten Verän­derungen anpassen müssen und werden. Besonders diese ungewöhnlich großen Tiere sollten aufgrund ihrer Körpermasse mit der wahrscheinlich eintretenden Abkühlung keine Probleme haben, zumal sie nicht ewig dauern kann. Zwar wäre eine Präzisierung des momentanen Zustandes für spätere Vergleiche nützlich, aber unsere Sensoren haben eigentlich genügend genaue Daten gesammelt. Eine spätere Expedition zu diesem Planeten würde dann einigermaßen fixierte, das Speichern lohnende Ergebnisse bringen."
 
"Planetologie?"
 
"Die Art der tektonischen Ereignisse dürfte keine Abweichungen zu schon auf anderen Planeten gesehenen bringen. Die große Insel wird wieder­erstehen, allerdings geologisch sehr labil bleiben. Eine Initialisierung umfangreicher, aber nicht ungewöhnlicher Plattenver­schiebungen findet statt. Da der innere Mond sehr klein ist, wird seine Umlaufbahn durch die damit verbundenen leichten Gravitations­schwankungen beeinflußt werden. In welchem Maße, kann aufgrund der gespeicherten Daten bei Interesse gelegentlich berechnet werden. Aufgrund der Analyse des mit Sonden eingebrachten Staubes wird dringend geraten, eine sehr lange Zeit bis zu einem erneuten Besuch vergehen zu lassen.
Es gibt ohnehin wesentlich interessantere Planeten."

Special effects

Soooo - das sieht doch schon ganz ordentlich aus. Diese historischen Sachen sind garnichtmal so leicht hinzukriegen. Nicht leichter als dieser utopische Krempel. Und wo es noch nicht mal eigentlich historisch ist. Die Frau Shelley würde sich sowieso im Grabe...
 
Na ja, schaun wir mal...
Also, da hätten wir eine wunder­hübsche Schalttafel. Ich bin stolz auf mich! Diese tollen Instrumente ranorganisiert, wo mich der Fundus ja nun herzlichst in Stich gelassen hat. Da läßt sich doch auf dem letzten Klappsitz noch was ablesen. Bei Volt und Ampere ist Watt nicht schwer. O Gott, diese alten Eselsbrücken wird man wohl nie los. Herrlich verkeimte Hochspannungs­isolatoren sind auch vorhanden. Fette Drähte dazwischen, alles bestens. Funken­strecken, wo's dann funkt und knallt. Und zwar heftig. Was sonst. Lieschen Müller muß vor Schreck das Popkorn aus der Hand fliegen. Dem Davorsitzer in den Kragen. So möcht man das.
 
Da haben wir dann noch den Giftküchenteil. Schöne Glaskolben, schöne bunte Mixturen, schöne Flämmchen, schönes Blei heißes Blei. Na gut, Letzteres nicht. Aber so viel kochender blubbernder Schwachsinn muß einfach beeindrucken. Geht auch nahtlos in den elektrischen Teil über. Und mittendrin das Brett, das die Welt bedeutet. Mal etwas lax ausgedrückt. Die Riemen zum Festschnallen hab ich dran? Ja, ist ok. Die Hauptfunken­strecke genau drüber - jawoll. Na dann komm her mein Freund. Du darfst dich jetzt da ausruhen, während ich hier noch rumrennen muß. Meine Güte, hat die Kleine im Klamottenladen bedeppert geguckt, als ich nach der häßlichsten Schaufenster­puppe gefragt habe, die sie haben. "Sowas verwenden wir hier nicht" hat sie mit ganz spitzem Mund gezirpt. So spitz, daß man glatt beim Küssen abgerutscht wär, wenn man denn hätte wollen gedurft oder so. Als ich dann meinen Wunsch auf "unbefriedigend" reduziert hatte, fand sich glück­licherweise ja noch dieser Typ hier. Zweimal geklebt, sorgfältig allerdings. Eine abgeplatzte Stelle am Hinterkopf, Gehirn­erschütterung hoffentlich ausgeheilt. Du verstehst doch Spaß, Kumpel?
 
So, nun nicht rumgezickt, leg dich her. Nanu, da quietscht und piepst ja was im Kopf! Hab doch da garnichts gedreht. Na egal, hauptsache die Arme und Beine lassen sich strecken. Das Laken hier noch drüber. Wegen den alten Damen und den Schulkindern vermutlich. Schwachsinn hochdosiert ist ok, aber züchtig bitte.
Schaun wir mal, ob mit der Hochspannung alles ok ist. Das tät mir aber auch fehlen, wenn ich wie früher der alte Zausel auf den nächsten Blitz warten müßte! Nee, da hab ich was Besseres. Dank Teslatrans­formator, gemischt mit modern-ster Technik. Ich könnte stundenlang eine halbe Million Volt draufgeben. Darf ich später leider nicht mehr, wenn der Vorhang oben ist. Nur immer zehn Sekunden. Schade.
Nachher nicht vergessen, das Abnahme­protokoll fertigzumachen. Aber jetzt werd ich zur Probe mal so richtig lange brutzeln. Ist ja keiner hier. Ha, das wird schön! Grillparty! Paar Brandflecke sollen ohnehin noch drauf. Und zack, den Schalter an...
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Inserat im Bentenhausener Beobachter : "Gesucht wird Bühnen­techniker mit Kenntnissen in Elektrik und Mechanik.

Kooperation

Es ist halt schon schön, in einer Kleinstadt zu leben. In der Großstadt, also nee, keiner weiß was vom Anderen. Nichtmal vom Nachbarn. Langweilig. Ich hatte ja das Glück, mit meinem Geschäft so eine Art Sammelpunkt zu sein. Leute kamen zusammen, ok, manche nicht grad freiwillig. Meist sogar, ob sie wollten oder nicht. Und wer mitkam, mußten auch Dies und Jenes an Informationen da lassen.
Nein, ich hatte keine Gaststätte. Obwohl - der Informationsaustausch...
Also ich hatte ein Krematorium. In der Kleinstadt ein prima Job. Man hat genug Arbeit, aber nicht zuviel. Man lernt 'ne Menge Leute kennen, aber nicht zu viele. Man hört von vielen Problemen. Man muß auch zuhören können. Die Leute erwarten das. Und auch, daß man das wieder vergißt. Sind halt schlimme Sachen dabei mitunter. Man glaubt ja garnicht...
Aber man muß es glauben. Wird ja auch oft bestätigt. Weil - die Informationen in so einer kleinen Stadt, oha und Nachbarn wissen ja auch sowieso alles von jedem. Gibt da den Begriff information overlapping. Das ist dann bei mir. In meinem bedauernswerten Kopf.
Naja irgendwann hat man dann doch eine gewisse Grenze der Belastbarkeit erreicht. Klar, dieses Gefühl, Alles über Alle zu wissen hat schon was. Gerade deshalb sage ich: Wenn ein Krematorium zu vergeben ist, sollten die Behörden sich über den stabilen Geisteszustand des Kandidaten informieren.
Nun ja, man wird nicht jünger und die Belastungsfähigkeit läßt nach. Da war ich ganz froh, daß mein Sohn quasi bereit stand, mein Krematorium zu übernehmen. Da brauchte auch nix lange geprüft werden. Wir sind eine solide Familie.
Zur Übernahme kam es dadurch, daß unser Pizzabäcker durch meine Hände ging. Also genauer durch meinen Ofen. Unerwartet früh. Da war ein großes Wundern in der Stadt. Kann mir richtig vorstellen, wie der Tod gegrinst hat.
War schade um den Mann. Hatte immer gute Ware. Hat auch viel selbst gemacht. Aus Spaß und weil ers konnte und auch 'nen Ofen dazu hatte. Nix mit Elektro und nur mal ganz wenig Aufgetautes vom Großhändler. Jaaa ich weiß - und ich kenne vom Stammtisch her alle Witze über unsere beiden Öfen.
Ein Naturbursche. Und nun isser weg. Schade...
Na ich hab nicht lange gebraucht, mich nach der Übernahme ins neue Geschäft rein zu finden. Ging dann behördlich alles glatt. Und auch mein Sohn hatte keine Probleme. Wir haben dann bald festgestellt, daß sich durch gute Kooperation unserer Geschäfte eine Menge Geld und Aufwand sparen ließ, beidseitig. Wodurch eine meiner Hauptsorgen, die Brennstoffkosten für den Pizzaofen, sich recht schnell in beherrschbare Grenzen verschieben ließen. Das bissel Chemiezeug, um die Verbrennung aufrecht zu erhalten, kostete nicht viel. Kleiner Umbau noch am Ofen und alles klar.
Es war ohnehin so, daß mein Sohn ja auch bald, so wie ich, in die Sorgen und Nöte diverser Hinterbliebener einbezogen wurde. Klar daß die Sorgen meist die Preise des gesamten Prozederes waren. Da in meinem Geschäft nun aber fast keine Kosten für Heizmaterial mehr anfielen, konnte mein Sohn die Preise senken. Die einzige Investition dabei war der Kauf des verwahrlosten Grundstückes zwischen unseren Geschäften. War aber nicht so teuer. Und das Ausbrechen zweier Türöffnungen in die maroden Begrenzungsmauern haben wir selbst gemacht.
Unsere beiden Ehefrauen hatten dann auch Freude daran, endlich eine unbegrenzte Blumenzucht anlegen zu können. Dadurch konnten wir unsere Geschäftsräume, besonders aber die Räume des Krematoriums geradezu verschwenderisch ausschmücken. So daß es sich von selbst ergab, daß die Leute mit ihren lieben Verblichenen lieber zu meinem Sohn gingen. War einfach schöner und freundlicher dort. Gemütlich geradezu. Und jetzt auch billiger. Da weiß man dann eben, daß der Dahingegangene in guten Händen ist. Anfeindungen vom Friedhof wegen Kunden wegfangen und so wurden durch die Bewohner schnell selbst geregelt.
Freilich mußte mein Sohn seine niedrigen Verbrennungspreise gut begründen. Man darf die übergeordneten Behörden in ihrer schweren Arbeit ja nicht zu sehr inkommodieren. Aber mit den üblichen Schlagworten "Jünger, dynamischer, technische Verbesserungen" erspart man denen auch die lästige Reise vor Ort.
Es ist halt schön, wenn man auch mal was Erfreuliches aus der Geschäftswelt berichten kann. Bis hin zu sowas, daß durch die gleichmäßigere Beheizung meines Ofens sogar der Geschmack der Pizzen sich ein wenig verbesserte.

Im Keller

Oh ja, er mußte sich schon vorsehen. Das kleine Häppchen Dämon, das er war, galt nicht viel hier im Reich des toten Lichts. So schlich er denn entlang der magischen Linien, doch immer ein wenig daneben. Das kostete Kraft und Zeit. Brachte aber den Vorteil, mit einem Zauber geringer Qualität schnell aus dem Weg zu verschwinden, wenn die Verbieger oder Zeitwürger vorbeidonnerten. Und große Magie hatte er sowieso nicht zur Verfügung. Aber er war zäh. Verfolgte also seinen Weg. Denn er wußte, da hinter dem Tor konnte er eine Zeitlang saugen an der Energie der Fleischtrottel. Wenn's auch nicht ergiebig war. Aber von denen gabs ja so viele.
Doch hoppla, aufgepaßt! Fast wär es passiert und so kurz vor dem Tor! Ein Wahrheits-Verbieger! Fäden aus Zeit und Raum umgaben den. Eine grauenhafte Ansammlung von Knoten, die sich lösten und verbanden und das in einem fort. Ein Wirrfeld um sich bildend, das anzog und verzog und verbog, was in die Nähe kam. Fast auch ihn, den unachtsamen Kleinen. Kurz dachte er, gerade erst aufgebrochen zu sein, dann wieder meinte er, gesättigt zurückzukommen. Auch noch andere Varianten der Wahrheit, verfälscht, zerstückelt, durchlöchert, doch alle gleichwertig zu gleicher Zeit. Jedoch er fing sich, strebte wieder dem Tor zu, noch aufmerksamer jetzt. Und ohne Groll auf den Verbieger, denn dessen Wirken war ihm Vorteil.
 
Ei, der Spaß, wenn Millionen der Dortigen glaubten, sie glauben das Richtige. Und waren doch nur Spielgerät ihrer Oberen, die sich die Hilfe dieser Verbieger gesichert hatten. Wenn er erst durchs Tor war, würde er auch davon profitieren von der Verwirrtheit der Fleischigen. Durfte sich nur nicht zerwirbeln lassen so nebenbei durch eigene Unachtsamkeit. Wie eben fast. Ach wenn er doch kräftiger geworden wäre, damals, als er aus dem heißen Schlund gezerrt wurde! Aber das nahm er sich vor : Wieder ein wenig mehr als letztlich würde er saugen an der Lebenskraft der Festweichen. Das würde ihm hier nützen. Eines Tages dann....
 
Und da nun das Tor! Jetzt den richtigen Moment abgepaßt! Einfach so durch - das ging nicht.
Diese Bögen aus einer Ur-Energie, die keinem der Höllengeborenen gehorchte, die nur gerade eben den Durchgang der Starken duldete, die der Tücke fähig war wie Alle und Alles hier, die fraß kleine Dämonen im Nebenbei. Doch nicht ihn, bis jetzt. Damals, als er von Anderen aufschnappte, wo es was zu holen gab, hatte er erst beobachtet, wie es zu machen sei. Hatte viele Kleine seiner Art viele Fehler machen sehn. Jeder nur einen, versteht sich. Ihm zum Nutzen. Er wußte nun : Wenn sich, was häufig genug vorkam, fünf Zeitwürger zugleich durchs Tor drängelten, dann hatte das mit sich selbst und den Würgern genug zu tun. Und er konnte an einer Kante vorbei und durchwitschen. Wo er herauskam - unbestimmt. Ihm auch egal.
 
Immerhin, es war jedesmal irgendwo unterirdisch. Tiefgarage, Kartoffelkeller, Banktresor, er hatte schon viel gesehen. Und ein Fleischiger tauchte nach kurzer Wartezeit immer auf. Daran hatte er dann einen Mondlauf sein Auskommen. Man mußte dem nur ein paar Fähigkeiten nehmen, ein paar Andere geben. Schon nach der halben Zeit hatte er den meist soweit geformt, daß er kräftig liefern konnte an dämonischer Energie. So schwebte der Kleine denn diesmal wieder in einem Keller. Einem von der etwas besseren Sorte allerdings. Nun gut.
 
Als dann dieses lächerliche Gebilde aufging, was sie hier als Tür bezeichneten, war seine Zeit gekommen. Er zog sich auseinander, verteilte sich, wurde durchsichtig. Was ihm nichts von seinen Fähigkeiten nahm. Zum Beispiel zu lesen, was der Eintretende dachte. Oft schon gedacht hatte, wie sich zeigte. Eigentlich immer irgendwie ähnlich, die Gedanken: "Was mich das ankotzt! Jetzt wieder in der Kühltruhe wühlen. Sich um jeden Quark selber kümmern müssen. Auf Arbeit. Zuhause. Im Urlaub. Bah! Ja, der Bernhausen, der hat seine Leute, zuhause, überall. Unter anderem mich. Und ich muß ihm das Chefdasein leicht machen. Gottverdammich. Muß sehn, daß ich bald wen wegschubsen kann von einem guten Posten". Das paßte ja prima! Gier zog den Schwebenden ein wenig zusammen, so daß neblige Fäden durch den Keller zogen. Der Fleischige war indes so wütend, daß er nur ärgerlich übers Gesicht wischte. Der Dämon konzentrierte sich flink und nahm die Seele des Ärgerlichen in Besitz. Da war ja diesmal nicht viel zu tun. Das schwabblige Wesen war ja fast fertig, ihm gleich schon in Vielem. Noch ein paar Scrupel nehmen, die Kenntnisse nutzen, Anpassung vervollkommnen. Die kleinen Dinge des Lebens hier beachten. Jetzt also die Lasagne aus dem Kühlfach, Säfte und Wein eingepackt und ab. Diese Kellertreppe - ein Ärgernis. Ah ja freilich, er war jetzt ein Körperwesen. Was da alles jetzt so dranhingan ihm, das Gewicht, da war das einfach mühsam. Das Essen - wohl immer zuviel. Kein Wunder, daß man...und die Alte dort oben, die behauptete, seine Frau zu sein, ist schuld. Wenn man die auf elegante Weise loswerden könnte! Allein würde er viel besser zurechtkommen. Das wußte er. Aber dazu brauchte man Geld. Also blieb nur eins: Auf Arbeit mußte ein Zahn zulegt werden, möglichst auf Kosten der Anderen. Was taten die denn schon für ihn? Und aus den Sachvorgngen mußte mehr herausgerechnet werden. Unentbehrlich mußte man werden in diesen Dingen. Also - ab morgen würde sich Einiges ändern. Andere würden ihre Lebenskräfte für ihn nutzbar machen müssen. Wo sie die hersaugten - ihm egal.
 
****************
 
Am nächsten Morgen betrat Herr Theuerbein das Finanzamt mit einem fröhlichen Pfeifen auf den Lippen. Den erstaunten Blick des Pförtners beachtete er nicht. Er wußte, heute würde ein schöner Tag werden. Erstmal einen Kaffee und die Zeitung, dann aber...

Leserbrief zur Parallelwelt

Aus unserer Rubrik: Der ganz normale Leserbrief.
 
Hallo, Redaktions-Team!
Nun muß ich Euch doch einmal zu einem Thema schreiben, das mich schon lange bewegt: Warum nämlich meldet sich nicht endlich mal jemand aus unserem Paralleluniversum, wenn auch nur mit einem kleinen Gruß. Denn unser FanZine gibt es da ja logischerweise auch. Nun, einer muß ja den Anfang machen. Deshalb nachstehend ein paar Zeilen an das PUZ (Parallel­universums-Zine). Bitte seid so freundlich und übermittelt sie dorthin.
Vielen Dank,
Euer Willi Matte.
 

Anmerkung der Redaktion:
Sicher wird es dich freuen, lieber Willi, zu hören, daß inzwischen auch von unserem PUZ eine Mitteilung eingetroffen ist. Wie man schon auf den ersten Blick sieht, ist dort wirklich alles ein wenig anders. Ganz sicher können wir auf viele nützliche Tips hoffen. Freuen wir uns also auf einen regen Gedanken­austausch und viele interessante Neuigkeiten. Hier nun aber die Mitteilung "von Nebenan":


DER TANZ
- Eine Vorlesegeschichte zum Fertigschreiben

Nun sieh...
 
Doch sollst Du dies tun mit den Augen der Seele.
So laß Dir lesen, was hier geschrieben, auf daß Du die Augen schließen kannst und doch SEHEN. Und laß es dich nicht verdrießen, sollte sich nicht gleich zeigen, was zu sehen da wäre. Werden doch gerade unsere Augen benutzt, uns die Fähigkeit zu nehmen, zu SEHEN. Doch läßt sich meist Verlerntes wieder lernen.
 
Sieh denn also...
Sehr weit von hier...
Fast schon im Kern der Galaxis...
Nicht zu vergleichen mit unserem ruhigen Eckchen im All...
Ist da eine Insel des Lebens...
Ein kleiner Planet...
Künstlich geformt...
 
Doch Ziel des Besuchs bei Wesen, die nah uns im Geiste. Uns liebgeworden durch kleine Eigenheiten, die zu vermuten wir nie gewagt. Lasen wir doch in Büchern, die alles "beschrieben", daß Wesen, die weit uns voraus an Wissen, schnörkellos wären wie ein Kristall. Erkennen uns nun aber wieder in ihnen, so Hoffnung gewinnend im nicht Erwarteten. Hoffnung nämlich, nicht farblos zu werden, wie man uns prophezeit. Nehmen wir Platz unter ihnen, nicht in einer Halle, gefüllt mit erdrückender Technik, vielmehr in einem Tempel der reinen Kunst.
 
Sind ein wenig zu spät gekommen, doch ist wohl noch Zeit, zu erhaschen dieses und jenes Gespräch, währenddessen unsere Augen Details bewundern und verbinden zu immer neuen . . . . .
 
( 1. Schreibspielwiese )
 
". . . . . freilich ist da noch Nebel, mein Freund. Gehört aber zum Spiel und ist somit in Ordnung. Sind doch auch die Strukturwächter hochorganisierte Maschinen und haben darob Lust am Effekt wie wir. Kennst es ja auch von Deinem fernen Planeten, daß künstlerische Geister gern vernebeln, um dann zu zeigen, wie sie aus hoffnungslosem Grau ein Bild erschaffen können vom bunten Vogel Ni Ada Anur. Und besser natürlich, als unsereins es je vermöchte. Solch Vermögen aber ist leider unabdingbar in diesem Areal des Alls. Müssen die Wächter doch, sieh es im Gleichnis, nicht nur den Vogel erschaffen, sondern ihn festigen wie Dileniumkristall und dennoch ein hinreichend Maß an Anmut und Beweglichkeit erhalten. Derartiges aber, in Wirklichkeit, ist nötig tagein, tagaus, zu zähmen das wilde Wesen Gravitation. Haben hier doch noch ein paar tausend Jahre zu tun, wie Du es wohl rechnen würdest. Werden uns dann allerdings geziemend zurückziehen und wieder wachsen und gedeihen lassen, was hier angesiedelt an Kräften und Sonnen und was wir störten mit K4- und K8-Feldern.
So will es der Brauch. . . . . . "
 
( 2. Schreibspielwiese )
 
". . . . . Nun aber scheint die Zeit gekommen, das Spiel zu beginnen. Das Funkeln hoch über der spiegelnden Fläche jedoch, verstärkend sich jetzt ein wenig, ist nur ein Nebeneffekt. Müssen die Wächter doch, da sie sich auch hier aktivieren, uns zu vergnügen, geschirmt sein von ihren pflichtgemäß diensttuenden Brüdern draußen im All.
Sieh nun dort unten den alten Gu Itin in seiner Sphäre. Wie es so festgelegt seit ersten Tagen, wird er als Kraftfeldmeister sorgen für das Nötige.
Ist, nebenbei, einer der Wenigen, dem die Ni Ada Anur von sich aus anbieten, auf ihnen zu fliegen, wann immer er mag oder muß. Kennst ja inzwischen ein wenig unsere gefiederten Freunde. Lassen sich gern bitten, wenn Zeit dazu und oft vergebens dann. Sind aber zur Stelle, wenn's irgendwo beschleunigt oxydiert, wie Du wohl sagen würdest.
Dort links kommt, spät wie immer, der gewichtige Ta Etenem. Sein Gravitor wird als das bedauernswerteste Gerät des Alls eingestuft. Ob ihm die Ni's wohl auch die Ehre freier Flüge erweisen würden, so er die gleichen Verdienste hätte wie Gu Itin, frag ich mich eben. Laß sehen, wie weit der Letztgenannte nun sein mag. Denn hüllt er die Sphäre in körniges Licht, beginnt der TANZ DER WäCHTER . . . . ."
 
( 3. Schreibspielwiese )
 
( Ende )